Männlich, 34 Jahre, Personalverantwortung mit Beurteilungsbefugnis für 120 Mitarbeiter, Bundeswehr
Das Feld wird am Anfang bestellt
Ich hatte an einem Führungskräfteentwicklungsprogramm teilgenommen, mein Studium abgeschlossen, meine fachliche Ausbildung absolviert und erste Führungserfahrung in kleinen Teams gesammelt, als mir die Aufgabe zur Führung meines Bereiches übertragen wurde. Ich freute mich sehr darauf, hatte aber genauso viel Respekt vor der Aufgabe. Dass jede meiner Entscheidungen und mein tägliches Verhalten von den Mitarbeitern besonders betrachtet werden würde, war mir zwar klar, die wirkliche Relevanz zeigte sich mir aber erst in der Praxis.
Am Anfang habe ich mich in die laufenden Projekte und vor allem in die aktuelle Personalsituation eingearbeitet. Einführungsgespräche mit JEDER Führungskraft und das damit verbundene Wissen über die Person hinter der Funktion haben mir erst einen wirklichen Eindruck über die Leistungsfähigkeit meines Bereiches vermittelt. Auch wenn es Überstunden bedeutete – langfristig war es der Schlüssel zum Erfolg.
Scheitern als Chance
Eins vorweg – als Führungskraft bin ich nicht Gott oder ein wandelndes Lexikon. Ich bin in erster Linie ein Mensch mit einer speziellen Aufgabe – Führung meiner Mitarbeiter zum Erreichen gewisser Ziele. Führung ist kein Selbstzweck und ich kein unfehlbarer Heiliger.
Auch ich habe Fehler gemacht über die ich mich selbst am meisten geärgert habe (zum Beispiel eine falsche Personalentscheidung zur Besetzung einer Stelle oder sich von einem „Blender“ beeindrucken lassen). Ich habe aber auch versucht meine Schlüsse daraus zu ziehen und es besser zu machen. Mut zur Entscheidung bedeutet auch, dass immer Fehler passieren können.
Wenn ich daraus lerne und auch meinen Mitarbeitern die Möglichkeit gebe, aus Fehlern zu lernen, dann erzeuge ich ein Arbeitsumfeld, in dem sich die Menschen entwickeln können und keine Angst vor Verantwortung und Entscheidungen haben.
Transparenz – ohne klare Ziele keine Performance
Um in einem komplexen Umfeld zu agieren ist die Verfügbarkeit von Informationen der Schlüssel zum Erfolg. Dabei habe ich mich für zwei einfache Maximen entschieden:
a) Klare Ziele und Anforderungen formulieren
Wenn ich als Führungskraft nicht ganz klar und einfach formuliere, was ich von meinen Mitarbeitern erwarte und welche Ziele ich verfolge, kann trotz vermeintlich guter Leistung Unzufriedenheit entstehen. Mitarbeiter wollen gute Ergebnisse erzielen, müssen dazu aber auch wissen, welche Ziele überhaupt erreicht werden sollen. Dazu habe ich in der Praxis mit Besprechungen („in der Kürze liegt die Würze“) und Einzelgesprächen klar und einfach versucht, das Ziel und die Rahmenbedingungen zu vermitteln. Ein kurzes Gespräch ersetzt oft hunderte E-Mails und die Wiederholung der besprochenen Anforderungen durch den Mitarbeiter am Ende eines Gespräches vermindern Unklarheiten und Fehlinterpretationen.
b) Größtmögliche Transparenz in alle Richtungen
Ich habe meinen Mitarbeitern gegenüber klar kommuniziert, dass ich ihnen alle mir verfügbaren Informationen mitteile, um Ziele oder Entscheidung zu verstehen. Ebenso erwartete ich von ihnen, mir ebenso „informelle Informationen“ mitzuteilen, um mir die bestmögliche Entscheidung zu ermöglichen. Dies werden die Mitarbeiter nur tun, wenn sie wissen, wie ich mit diesen Informationen umgehe und dass sie mir vertrauen können.
Vertrauen bilden und Vorbild sein
Vertrauen ist für mich der „Kit in den Fugen“ für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Nur mit Vertrauen folgen mir Mitarbeiter auch in unbequemen Situationen und wissen, dass ich alles in meiner Macht stehende getan und bestmöglich entschieden habe. Vertrauen entsteht über persönliche Beziehung und im Wissen, dass ich als Mitarbeiter keine Nummer bin sondern als Mensch geschätzt werde. Das bedeutet Aufwand, denn ich muss mich mit meinen Mitarbeitern befassen, muss sie kennenlernen und vermitteln, dass man selbst in schwierigen Situationen auf mich zählen kann.
Vertrauen ermöglicht aber auch Innovationsfähigkeit und der altbekannte Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“, verliert an Bedeutung. Vertrauen mir meine Mitarbeiter, folgen Sie mir auch auf neuen Wege abseits der ausgetretenen Pfade, bringen Ideen ein und übernehmen Verantwortung. Ohne Vertrauen kann aus meiner Sicht kein nachhaltiger Erfolg erzielt werden.
Kommunikation – es kann so einfach sein
Für mich als Führungskraft war eine ebenenübergreifende Kommunikation stets der rote Faden meiner täglichen Arbeit. Um dabei aber nicht in Wahrnehmungsfallen zu geraten, galt es einige Grundsätze zu beachten:
Gerade für Führungskräfte der Zwischenebene ist es oft etwas verstörend, wenn der Chef direkt mit den Mitarbeitern spricht und sie sich vielleicht übergangen fühlen. Hier gilt es von Beginn an, dass eigene Kommunikationsverhalten mit dieser Ebene zu besprechen und klar zu machen, dass ich mit den Mitarbeitern spreche, um sie kennenzulernen und wahrzunehmen und nicht um die Führungskräfte der Zwischenebene zu übergehen.
„Dienstaufsicht“ ist ein oft fehlinterpretiertes Wort, denn es ist nicht nur die Kontrolle und schon gar nicht Mikro-Management auf kleinster Ebene. Es ist das entscheidende Mittel um den Mitarbeitern Wertschätzung zu vermitteln, Interesse für seine Tätigkeit zu signalisieren und um sich ein Gesamtbild zu verschaffen. Auch hier ist es wichtig, den Mitarbeitern gegenüber klar zu kommunizieren, dass dieses Verhalten für mich als Führungskraft ganz normal ist und ich niemanden „überwachen“ oder „aushorchen“ möchte.
Führungskräfte wissen viel, sind gut ausgebildet und können bei Präsentationen mit Fachbegriffen nur so um sich werfen. Bei der Kommunikation mit den Mitarbeitern ist der Schlüssel zum Erfolg sich Zielgruppenadäquat auszudrücken. „Vereinfachung verleiht zum Mitmachen“ kann die einfache Formel sein, um auf allen Ebenen Verständnis für die gemeinsamen Ziele zu erreichen.
„Nicht getadelt ist Lob genug“ – diese Aussage spiegelt leider die Realität oft sehr deutlich wieder. Es muss keine Lobeshymne oder immer eine Leistungsprämie sein. Das persönliche Wort unter 4-Augen, ein einfaches „gut gemacht“ oder ein „Danke“ sind die kleinen Gesten, welche Mitarbeiter motivieren und zeigen, dass ihre Arbeit gesehen und geschätzt wird.
Es lohnt sich immer ein Auge darauf zu werfen, ob ihre Mitarbeiter wirklich an der richtigen Stelle sitzen oder ob nicht vielleicht andere Potentiale in ihnen schlummern, die bisher bloß nicht entdeckt wurden. Ich hatte einen Mitarbeiter, der aufgrund seiner Qualifikation für Tätigkeiten im Materiallager vorgesehen war. Durch einige Gespräche stellte ich fest, dass er dort unterfordert war und versetzte ihn in den organisatorisch-administrativen Bereich mit Planungsaufgaben. Er hat sich dort zu einer wesentlichen Stütze für den gesamten Bereich entwickelt und das obwohl er strukturell nie für diese Aufgabe vorgesehen war.
Anwesenheitskultur
Das gleiche gilt für die oft gelebte Anwesenheitskultur. „Wer lange da ist, hat viel zu tun und wird vom Chef gesehen.“ Aus meiner Sicht sollte die Überlegung aber eine ganz andere sein und es gibt zwei mögliche Ursachen: Der Mitarbeiter arbeitet zu langsam weil er entweder nicht gut ausgebildet ist, keine Motivation hat oder die Aufgabenverteilung innerhalb meines Bereiches schlecht organisiert ist - ergo muss ich die Last auf mehreren Schultern abladen. Es ist nicht „normal“, dass Mitarbeiter jeden Tag bis 22:00 Uhr arbeiten – dieser Verantwortung muss ich mich als Führungskraft stellen und handeln.
Schutzschild und Marketingleiter – wie ich Mitarbeiter erfolgreich mache
„Verantwortung ist unteilbar – in guten wie in schlechten Zeiten.“ Ich bin es, die als Führungskraft vom Chef für gute Erlebnisse gelobt und vielleicht auch befördert wird. Ich darf aber nie vergessen, wem ich das zu verdanken habe. Und so gilt es auch in schlechten Zeiten, den Tadel einzustecken, diesen auszuwerten und intern für die Zukunft umzusetzen oder Lob weiterzugeben. Ich bin das Schutzschild für meine Mitarbeiter für Angriffe von außen und der Puffer für Unzufriedenheit nach oben. Diese Vermittlerposition ist nicht einfach, aber wesentlich für meine Rolle im System.
Es nützt auch in der Praxis nichts, sich mit den Mitarbeitern zu verbrüdern und gegen die „unrealistischen“ Vorgaben der Führung zu hetzen. Vielmehr gilt es, den eigenen Vorgesetzten gut vorbereitet zu begründen, warum Dinge gehen oder nicht und Alternativen aufzuzeigen.
Als Vorgesetzter habe ich mich immer als „Marketingleiter“ für meinen Bereich und meine Mitarbeiter gesehen. Mein Auftreten vor der Geschäftsführung in Besprechungen oder bei Events lassen direkte Rückschlüsse auf meine Abteilung zu. Bin ich mit Hilfe meiner Mitarbeiter gut vorbereitet, kann ich brillieren.
Ebenso muss ich aber meine Mitarbeiter in bestimmte Situationen bringen, um von Vorgesetzten wahrgenommen zu werden. Ich bereite Sie gut darauf vor und lasse bei einem Besuch im Arbeitsbereich die Spezialisten ihre Arbeit selbst vorstellen. Das sorgt für höhere Motivation und eine direkte Wahrnehmung der Mitarbeiter. Kennen meine Vorgesetzten meine Mitarbeiter ist es zudem auch einfacher Personalvorschläge zur Förderung durchzusetzen, denn ein guter persönlicher Eindruck ist oft mehr wert als eine tolle Aktenlage.
Fazit:
Interesse an den Mitarbeitern führt zu Kommunikation – diese schafft Vertrauen – Vertrauen führt zu Transparenz und diese zu einem guten Teamgefüge und Erfolg.
In einer komplexen Umwelt kann ich nur als Teamplayer bestehen. Sind meine Mitarbeiter erfolgreich, bin ich es auch. So einfach.
Ohne eine gelebte Fehlerkultur wird es keine Innovationsfähigkeit geben!!